– Christian Hoffmann –
Candidosen sind Infektionen mit hefebildenden Pilzen. Von den bislang bekannten 150 Candida-Spezies machen nur etwa 20 krank. Der mit Abstand häufigste Stamm ist C. albicans. Stämme wie C. tropicalis, C. glabrata und C. krusei sind selten, sprechen aber teilweise auf Azole schlechter an. Entgegen landläufiger Meinung sind Azol-Resistenzen bei Albicans-Stämmen bislang selten (Sanglard 2002).
Eine Candidose ist ein wichtiger Indikator einer Immunschwäche und tritt oft im Gefolge anderer OI auf – gerade bei Fieber, das nicht zu den klassischen Symptomen gehört, sollte man sehr wachsam sein. Candidosen sollten auch bei gutem Immunstatus Anlass sein, den Beginn einer ART zu erwägen. Die Soor-Ösophagitis ist AIDS-definierend. Bei gutem Immunstatus ist zu bedenken, dass es auch andere Gründe für einen Soor gibt – Alkoholismus und Steroidtherapie sind nur zwei von vielen. Neben der Candidose des Oropharynx und des Ösophagus sind bei Frauen Vaginitiden (die allerdings auch durchaus bei gesunden vorkommen) ein häufiges Problem. Candidämien kommen dagegen bei HIV-Infizierten, auch bei massiver Immunschwäche, nur selten vor.
Klinik
Meist ist der Oropharynx betroffen. Geschmacksstörungen, bisweilen ein Brennen, dazu weißliche, abstreifbare Belege auf Wangenschleimhaut, Rachenring und Zunge erlauben die Blickdiagnose. Die Zunge alleine ist eher selten betroffen. Gelegentlich besteht eine atrophische Candidose mit nur geröteter Schleimhaut.
Die Soor-Ösophagitis tritt meistens mit oropharyngealer Beteiligung, in etwa 30 % aber auch ohne Mundsoor auf. Ein unauffälliger Rachen schliesst die Ösophagitis also nicht unbefingt aus. Sie macht sich oft durch Dysphagien („das Essen rutscht nicht runter“) und retrosternale Schmerzen bemerkbar. Gelegentlich geben die Patienten auch Übelkeit an, Erbrechen tritt dagegen nur selten auf.
Diagnostik
Im Rachenraum genügt die Blickdiagnose. Ein Abstrich ist meist nicht erforderlich, die Bestimmung von Antikörpern oder Antigen im Serum fast immer überflüssig. Auch die Typisierung mit Kultur oder gar eine Resistenzbestimmung (cave Labor-Unsicherheiten!) verursachen nur unnötige Kosten und machen erst Sinn, wenn ein Therapieversuch mit jeweils Fluconazol und Itraconazol fehlgeschlagen ist.
Die orale Candidose ist nicht mit einer oralen Haarleukoplakie (OHL) zu verwechseln. Diese weisslichen, haarigen Beläge an den seitlichen Zungenrändern sind im Gegensatz zur Candidose nicht abstreifbar. Die OHL wird nicht durch Mykosen, sondern durch EBV induziert und ist, wenn auch harmlos und selbst nicht therapiebedürftig, eine wichtige Marker-Erkrankung für HIV.
Auch die Soor-Ösophagitis kann meist klinisch diagnostiziert werden. Dysphagie, retrosternale Schmerzen und ein Mundsoor machen sie sehr wahrscheinlich. Eine empirische Fluconazol-Therapie spart Kosten (Wilcox 1996). Eine Ösophagogastroduodenoskopie (ÖGD) wird erst notwendig, wenn die Beschwerden unter Fluconazol persistieren. Um in diesen Fällen eine Fluconazol-refraktäre Soor-Ösophagitis von einer Herpes- oder CMV-Ösophagitis abzugrenzen, sollten dann immer Proben entnommen werden.
Therapie
Bei noch gutem Immunstatus und einer ersten Episode kann man es zunächst topisch mit Suspensionen oder Lutschtabletten (Nystatin, Amphomoronal) versuchen. Diese sind jedoch meist nicht besonders angenehm, eine systemische Therapie ist zudem effektiver und schützt länger vor Rezidiven (Pons 1997).
Fluconazol ist Mittel der Wahl, beim Mundsoor reicht eine einwöchige orale Therapie (Sangeorzan 1994), evtl. sogar die Einmalgabe von 750 mg (Hamza 2008). Wenn der Soor dann persistiert, sollte ein Abstrich gemacht und die Fluconazol-Dosis in einem zweiten Versuch auf bis zu 800 mg erhöht werden. Bei einer Soor-Ösophagitis sollte gleich 14 Tage behandelt werden. Erst bei erneutem Fehlversuch und bei Nachweis von Non-Albicans-Stämmen sollte man Itraconazol versuchen, das in rund zwei Drittel der Fälle noch wirkt (Saag 1999). Itraconazol-Suspension ist so gut wirksam wie Fluconazol (Graybill 1998), allerdings durch unzuverlässige Plasmaspiegel und zahlreiche Interaktionen belastet. Itraconazol wird deshalb von uns nicht primär eingesetzt.
In den letzten Jahren wurden viele neue Antimykotika entwickelt. Sie sollten jedoch nur bei offensichtlicher Fluconazol-Resistenz eingesetzt werden. Es gibt keinen Beweis für die Überlegenheit eines speziellen Antimykotikums (Pienaar 2006). Voriconazol dürfte in etwa so effektiv sein wie Fluconazol, wird jedoch möglicherweise nicht so gut vertragen (Ruhnke 1997, Ally 2001). Auch Posaconazol ist in etwa so effektiv wie Fluconazol (Vaszquez 2006). Diese neuen Azole kommen wie auch Amphotericin B vor allem für multi-azolresistente Mykosen in Betracht.
Eine neue Alternative sind schleimhautadhäsive Miconazol-Tabletten (Loramyc®), die kürzlich auch in Deutschland zugelassen wurden (Lalla 2011). Auch bei HIV-Patienten mit oraler Candidiasis scheinen die Daten gut zu sein, allerdings gibt es keine Studie zum Vergleich mit Fluconazol (Vazquez 2010).
Auch die neue antimykotische Klasse der Echinocandine ist gegen die meisten Candida-Stämme wirksam. Substanzen wie Caspofungin, Micafungin oder Anidulafungin haben sich als effektiv erwiesen (Keating 2001, Villanueva 2001, Arathoon 2002, de Wet 2004, Reboli 2007). Echinocandine, die nur intravenös gegeben werden können, waren in randomisierten Studien bei Soor-Ösophagitiden oder invasiven Candidosen so wirksam und verträglich wie Fluconazol (Villanueva 2001, de Wet 2004, Reboli 2007). Angesichts der umständlichen Applikation ist ihr Einsatz jedoch auf Azol-resistente Stämme beschränkt.
Bei Vorliegen einer Mykose, spätestens aber bei Resistenzproblemen, sollte eine ART begonnen werden, da bei ausreichender Immunrekonstitution in der Regel auch multiresistente Stämme verschwinden (Ruhnke 2000).
Prophylaxe
Ein Überlebensvorteil konnte bislang für keine Candida-Prophylaxe gezeigt werden (McKinsey 1999, Rex 2000, Goldman 2005). In der größten randomisierten Studie reduzierte eine Dauer-Prophylaxe allerdings sowohl Mundsoor-Episoden als auch invasive Candidosen (Goldman 2005). Die Hypothese, wonach durch eine Dauertherapie resistente Non-Albicans-Stämme selektiert werden (Vazquez 2001), wurde übrigens in dieser Studie nicht bestätigt. Azolresistente Candidosen waren jedenfalls im Dauertherapie-Arm nicht häufiger. Aber: Jedem immunsupprimierten Patienten sollte bei jeder Vorstellung in den Mund geguckt werden!
Der Patient sollte angehalten werden, seine Zahnbürste oft zu wechseln und etwaige Zahnprothesen sorgfältig zu reinigen. Auch desinfizierende Mundspüllösungen mit Chlorhexidine 0,12% 1-2 x tgl. können sinnvoll sein.
Therapie/Prophylaxe der Candidosen (Tagesdosierungen) |
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Akuttherapie |
Dauer: 5-10 Tage |
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In leichten Fällen |
Topisch |
z.B. Ampho-Moronal® Lutschtabletten 4 x 1 oder Nystaderm® Suspension 4 x 1 ml (4 x 1 Pip) |
Therapie der Wahl |
Fluconazol |
Diflucan® oder Fluconazol CT/Stada 1 x 1 Kps à 100 mg bei oraler Candidose Diflucan® oder Fluconazol CT/Stada 1 x 1 Kps à 200 mg bei Soor-Ösophagitis (jeweils am ersten Tag doppelte Dosis) |
Alternative
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Itraconazol |
Sempera® 2 x 1-2 Kps. à 100 mg oder Sempera liquid® 2 x 10-20 ml (1 ml = 10 mg) |
Prophylaxe |
Nicht empfohlen |
Literatur
Ally R, Schurmann D, Kreisel W, et al. A randomized, double-blind, double-dummy, multicenter trial of voriconazole and fluconazole in the treatment of esophageal candidiasis in immunocompromised patients. Clin Infect Dis 2001, 33:1447-54.
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