– Christian Hoffmann –

Ein Zoster ist die Reaktivierung einer früheren Infektion mit Varizellen (Windpocken), die lebenslang in den Spinalganglien persistieren. Herpes zoster-Episoden werden bei HIV-Patienten schon bei relativ gutem Immunstatus beobachtet. Typisch ist der Zoster im Rahmen eines IRIS, nach begonnener ART (Martinez 1998). Die Patienten sind dann oft kaum davon zu überzeugen, dass der Zoster nicht unbedingt ein schlechtes Zeichen ist. Mit zunehmender Immunschwäche neigt der Zoster zur Generalisation. Neben dem bloßen Befall von einem oder mehreren Dermatomen kommen auch gefährliche Beteiligungen von Auge (bei Befall des Trigeminusastes N. ophthalmicus „Zoster ophthalmicus“ mit Beteiligung der Cornea) und Ohr („Zoster oticus“) vor. Gefürchtet ist der Befall der Retina mit einer nekrotisierenden Zoster-Retinitis. Zu den neurologischen Komplikationen zählen außerdem eine Meningo-Enzephalitis, Myelitiden, aber auch der Befall anderer Hirnnerven als des Trigeminus (Brown 2001).

Klinik

Oft bestehen Prodromi mit Kopfschmerzen, Krankheitsgefühl und Photophobie, die nur selten von Fieber begleitet sind. An den erkrankten Stellen besteht oft zunächst nur eine Überempfindlichkeit, die innerhalb weniger Stunden bzw. Tage in Juckreiz und/oder Schmerzen übergeht. Die Schmerzen können den Effloreszenzen einige Tage vorausgehen. Diese zeigen sich häufig als segmentale (immer einseitige!) Rötung mit herpetiformen Bläschen im Bereich eines oder mehrerer Dermatome. Die Läsionen sind ulzerierend, oft auch hämorrhagisch, und trocknen allmählich ein. Sie sollten trocken und sauber gehalten werden, um bakterielle Superinfektionen zu verhindern. Insbesondere bei Befall mehrerer Dermatome bleiben in etwa 20 % unangenehme Schmerzsyndrome zurück. Von einer solchen Zosterneuralgie ist auszugehen, wenn die Schmerzen über einen Monat persistieren (Gnann 2002).

Diagnostik

Bei kutanem Befall reicht meist die Blickdiagnose. Bei untypischer Lokalisation (Extremitäten!) und komplizierten Fällen kann die Diagnose jedoch verkannt werden. Wer dann nicht ganz sicher ist, kann einen Abstrich aus einem Bläschen in einer Viruskultur ins Labor schicken. Ein Immunfluoreszenz-Assay ist vermutlich zuverlässiger. Eine VZV-Enzephalitis ist nur über Liquor-Diagnostik bzw. PCR nachzuweisen. Bei einseitigen, perakut auftretenden Hörstörungen sollte an einen Zoster oticus gedacht werden, der von außen nicht unbedingt erkennbar ist – entweder selber ins Ohr gucken oder einen HNO-Arzt konsultieren! Für Visusstörungen gilt das gleiche wie bei der CMV-Retinitis – zügig zum Augenarzt!

Therapie

Ein monosegmentaler Zoster kann ambulant mit oralem Aciclovir therapiert werden. Wichtig ist ein schneller Beginn. Eine systemische Therapie ist immer erforderlich, und die Dosierungen sind höher als bei HSV. Ein „Besprechen der Gürtelrose“ ist erlaubt, aber nur mit gleichzeitigen Virustatika. Das Eintrocknen der Läsionen beschleunigt eine Zinkschüttelmixtur, die zugleich den Schmerz lindert. Dabei Handschuhe anziehen! Anfänglich sind die Läsionen hochinfektiös, und ungeimpfte Personen ohne Windpocken-Anamnese, insbesondere Schwangere, haben an einem Herpes zoster nichts zu suchen.

Mit Analgetika (Novalminsulfon, Tramadol) sollte nicht gespart werden. Jeder komplizierte, multisegmentale oder faziale Zoster ist ein Fall für die intravenöse Therapie, die mit einem Pflegedienst auch gut ambulant geleistet werden kann.

Wie bei HSV gibt es mit Valaciclovir, Famciclovir und Brivudin Alternativen zu Aciclovir. Bei HIV-negativen Patienten sollen Zoster-Neuralgien durch diese Substanzen seltener auftreten als unter Aciclovir (Gnann 2002), allerdings ist dies einer kürzlichen Cochrane-Analyse zufolge nicht eindeutig (Li 2009). Valaciclovir, Famciclovir und Brivudin sind jedoch bislang an HIV-Patienten kaum getestet worden, bei Immunsupprimierten nicht zugelassen und um bis zu 120 €/Woche erheblich teurer. Aciclovir-Resistenzen kommen vor, sind aber selten (Gershon 2001, Saint-Leger 2001). In diesen Fällen kann mit Foscarnet behandelt werden.

Die Therapie von Zosterneuralgien ist schwierig. Carbamazepin oder Gabapentin helfen nur partiell, Steroide sind nicht sinnvoll (Gnann 2002). Seit 2007 sind in Europa Lidocainpflaster (Versatis®) zugelassen, die auf die schmerzende Stelle geklebt werden. Aufgrund möglicher lokaler Hautreizungen sollten die Läsionen abgeheilt sein. Die Wirkung tritt oft erst nach Tagen ein (Garnock-Jones 2009).

Prophylaxe

Die Varizellen-Impfung, früher kontraindiziert, scheint bei mehr als 400 CD4-Zellen/μl sicher und effektiv zu sein (Gershon 2001, Weinberg 2010). Sie sollte bei negativer VZV-Serologie erwogen werden. Bei negativer Serologie und Varizellen-Exposition (hochinfektiös!) kann in Einzelfällen Hyperimmunglobulin (2 mg/kg i.v.) gegeben werden. Eine Dauer-Primärprophylaxe ist meist nicht sinnvoll, eine niedrig dosierte Dauertherapie kann bei hartnäckigen Rezidiven erwogen werden.

Therapie/Prophylaxe der VZV-Infektion (Tagesdosierungen)

Akuttherapie

Dauer: Mindestens 7 Tage

1. Wahl

Aciclovir

Aciclostad® 5 x 1 Tbl. à 800 mg

Schwere Fälle

Aciclovir ratiopharm p.i.® 3 x 1-2 Amp. à       500 mg (3 x 10 mg/kg) i.v.

Alternativen

Valaciclovir

Valtrex® 3 x 2 Tbl. à 500 mg

Alternativen

Famciclovir

Famvir® 3 x 2 Tbl. à 250 mg

Alternativen

Brivudin

Zostex® 1 x 1 Tbl. à 125 mg

Prophylaxe

Nicht empfohlen

Literatur

Brown M, Scarborough M, Brink N, Manji H, Miller R. Varicella zoster virus-associated neurological disease in HIV-infected patients. Int J STD AIDS 2001, 12:79-83.

Garnock-Jones KP, Keating GM. Lidocaine 5% medicated plaster: a review of its use in postherpetic neuralgia. Drugs 2009, 69:2149-65.

Gershon AA. Prevention and treatment of VZV infections in patients with HIV. Herpes 2001, 8:32-6.

Gnann JW Jr, Whitley RJ. Clinical practice. Herpes zoster. N Engl J Med 2002, 347:340-6.

Li Q, Chen N, Yang J, et al. Antiviral treatment for preventing postherpetic neuralgia. Cochrane Database Syst Rev 2009, 2: CD006866.

Martinez E, Gatell J, Moran Y, et al. High incidence of herpes zoster in patients with AIDS soon after therapy with protease inhibitors. Clin Infect Dis 1998, 27:1510-3.

Saint-Leger E, Caumes E, Breton G, et al. Clinical and virologic characterization of acyclovir-resistant varicella-zoster viruses isolated from 11 patients with AIDS. Clin Infect Dis 2001, 33:2061-7.

Weinberg A, Levin MJ, Macgregor RR. Safety and immunogenicity of a live attenuated varicella vaccine in VZV-seropositive HIV-infected adults. Hum Vaccin 2010, 6:318-21.