– Christian Hoffmann –

Infektionen durch den Hefepilz Cryptococcus neoformans sind gefürchtet, wenn auch in Europa selten. In den USA und in Südostasien sind sie sehr viel häufiger und gehören weltweit zu den wichtigsten AIDS-definierenden Erkrankungen. C. neoformans wird wahrscheinlich per Inhalation übertragen. Vogelkot ist ein wichtiges Erregerreservoir. Die Lungeninfektion verläuft bei immunkompetenten Personen gelegentlich inapparent, bei HIV-Patienten ist sie fast immer der Beginn einer disseminierten Erkrankung. Der wesentliche Manifestationsort neben den Lungen ist, nach hämatogener Streuung, das ZNS. Eine Liquoruntersuchung ist daher bei jedem Erkrankungsverdacht obligat. Allerdings kommen auch isolierte Hautmanifestationen und Lymphadenitiden vor. Andere Organbeteiligungen mit ossärem, urogenitalem oder gastrointestinalem Befall sind eher selten.

Die Kryptokokkose tritt fast immer bei massiver Immunschwäche auf. In einer Fallsammlung von 114 Patienten in Deutschland hatten 87 % weniger als 100 CD4-Zellen/µl, der Median lag bei 30/µl (Weitzel 1999). Die Kryptokokkose wird außerdem relativ häufig im Rahmen eines IRIS gesehen.

Unbehandelt verläuft die Kryptokokkose tödlich. Die Therapie ist kompliziert, langwierig und nur stationär zu empfehlen. Rezidive waren früher häufig (mindestens 15 %), sind durch ART heute aber seltener. Die Prognose hat sich deutlich verbessert, die Mortalität ist von 64 auf 15/100 Personenjahre gesunken – bei allerdings gleich bleibender Frühmortalität (Lortholary 2006).

Klinik

Die ZNS-Manifestation mit einem enzephalitischen Bild ist am häufigsten (ca. 80 %). Kopfschmerzen, Fieber und innerhalb weniger Tage zunehmende Bewusst-seinsstörungen (Verwirrung) sind typisch. Mitunter bestehen auch Gang-, Hör- oder Visusstörungen sowie Paresen, vor allem der Hirnnerven. Fast immer ist der Hirndruck erhöht. Eine meningeale Reizsymptomatik fehlt dagegen meist. Im Rahmen eines IRIS ist die Klinik oft untypisch und durch Abszedierungen gekennzeichnet (Manfredi 1999).

Bei pulmonalem Befall bestehen Symptome einer atypischen Pneumonie mit unproduktivem Husten und Brustschmerzen. Hautläsionen können anfangs wie Mollusken aussehen, die später zu größeren ulzerativen Läsionen konfluieren.

Diagnostik

Eine Kryptokokkose ist akut lebensbedrohlich, die Mortalität liegt zwischen 6 und 25 % (Saag 2000). Es darf keine Zeit vertan werden. Bei jedem Verdacht, zum Beispiel bei positivem Kryptokokken-Antigen-Test, müssen vor allem Lunge (HR-CT!) und ZNS (MRT Kopf!) zügig untersucht werden.

Das Spektrum im HR-CT der Lunge ist vielfältig: Verstreute, kleine Herde wie bei TBC sind möglich, ebenso scharf abgrenzbare, an Bronchopneumonien erinnernde Infiltrate. Kavernen-Bildungen, auch Bronchiektasen kommen vor. Es sollte daher versucht werden, den Erreger über eine BAL eindeutig zu identifizieren.

Das MRT ist im Gegensatz zur Toxoplasmose und zum zerebralen Lymphom oft unauffällig, und einzelne oder multiple Massenläsionen (Kryptokokkome) sind sehr selten. Dennoch ist der Hirndruck bei Patienten oft erhöht. Eine Funduskopie (Papillenödem?) sollte rasch gemacht werden.

Wichtigste Untersuchung ist dann die Liquorpunktion (nach Funduskopie und MRT!). Sie bringt mit einem Tuschepräparat fast immer die Diagnose. Auch bei pulmonaler oder anderer Lokalisation muss der Liquor untersucht werden, um einen ZNS-Befall auszuschließen. Cryptococcus-Antigen im Blut (Titer > 1:8) ist ein guter Parameter und sollte immer bestimmt werden. Blutkulturen sind ebenfalls oft positiv. Bei kutanem Befall wird die Diagnose zumeist nur bioptisch gestellt.

Therapie

Bei ZNS-Befall ist akut eine Kombination mehrerer Antimykotika dringend zu empfehlen. Auf die Akuttherapie folgt eine Erhaltungstherapie mit Fluconazol (Saag 2000). Fluconazol alleine als Akuttherapie reicht nicht, auch nicht in hohen Dosen, wie kürzlich noch einmal zwei randomisierte Studien aus Afrika zeigten. In diesen lag die Mortalität der Kryptokokkenmeningitis bei 54-59 % in den ersten Wochen (Longley 2008, Makadzange 2009).

Kombinationen verhindern Resistenzen und erlauben eine Verkürzung der Akuttherapie auf vier bis sechs Wochen. Welche Kombination verwendet werden soll, ist nicht geklärt. In Deutschland setzen einige Experten bei ZNS-Befall eine Dreifach-Kombination aus Amphotericin B, Flucytosin und Fluconazol ein. Die Raten einer Vollremission liegen bei etwa 80 % (Weitzel 1999) und damit möglicherweise etwas höher als unter der in den USA bevorzugten Duotherapie mit Amphotericin B und Flucytosin (van der Horst 1997). Eine vergleichende Studie, die die Dreifachtherapie begründen würde, existiert freilich nicht.

In einer kleinen, randomisierten Studie aus Thailand an 64 Patienten war allerdings die Kombination aus Amphotericin B und Flucytosin am effektivsten – gemessen an der Kryptokokken-Clearance im Liquor (Brouwer 2004). Sie war sogar signifikant besser als die Dreifachtherapie oder auch Amphotericin B und Fluconazol.

  Amphotericin in der Dosis von 1 mg/kg ist möglicherweise etwas effektiver als 0,75 mg/kg, wahrscheinlich aber auch toxischer (Bicanic 2008). Wenn Amphotericin B nicht verfügbar ist, ist die Kombination aus Flucytosin und Fluconazol besser als Fluconazol allein (Nussbaum 2010).

Dennoch: Angesichts der Toxizität von Flucytosin (das es hierzulande nur noch als Infusion und nicht mehr in Tablettenform gibt) favorisieren wir die Kombination aus Amphotericin B und Fluconazol. In einer Phase II-Studie war dabei eine hohe Dosis von 800 mg Fluconazol/Tag am wirksamsten (Pappas 2009). Eine neuere Studie zeigte, dass Fluconazol in seiner Wirkung mit Flucytosin vergleichbar ist, wenn es ausreichend hoch dosiert wird (Loyse 2011). Liposomales Amphotericin (Ambisome®) ist – abgesehen von einer deutlich geringeren Toxizität – wahrscheinlich etwas wirkungsvoller als konventionelles Amphotericin B (Leenders 1997, Hamill 1999). Die Therapie ist jedoch auch bei Ambisome®-haltigen Kombinationen sehr toxisch. Tägliche Kontrollen von Nieren- und Leberwerten, Blutbild und Elektrolyten sind zu empfehlen. Fluconazol sollte insbesondere bei verwirrten Patienten als Infusion gegeben werden.

Wir fangen außerdem noch während der Akuttherapie mit einer ART an. Vorsicht dabei mit Tenofovir – wir haben ein dialysepflichtiges Nierenversagen unter Tenofovir und Amphotericin gesehen. Es besteht auch ein hohes IRIS-Risiko. Ob die frühe ART sinnvoll ist, wird deshalb unterschiedlich bewertet. In ACTG 5164 war sie von Vorteil (Zolopa 2009), in einer afrikanischen Studie (an allerdings schon zu Beginn schwer kranken Patienten) wurde unter sofortiger ART eine erhöhte Mortalität in den ersten Wochen beobachtet (Makadzange 2010).

Bei isoliert pulmonalem Befall (Liquor negativ!) oder anderen extrazerebralen Manifestationen behandeln wir ebenfalls ohne Flucytosin und beenden die Akuttherapie mit Amphotericin B und Fluconazol schon nach zwei statt nach vier Wochen. Einen positiven Kryptokokken-Antigen-Test ohne Nachweis für ZNS-, Lungen- oder andere Infektion würden wir nur mit Fluconazol behandeln.

Der Therapieerfolg wird klinisch und mit wiederholten Lumbalpunktionen überwacht. Nach zwei Wochen ist der Liquor in 60 % negativ (Saag 2000). Ist dies der Fall, frühestens aber nach vier Wochen, kann auf eine Erhaltungstherapie umgestellt werden. Je schneller der Liquor negativ ist, desto besser ist die Prognose (Bicanic 2009). Bei erhöhtem Hirndruck kann eine Liquordrainage notwendig werden (Graybill 2000), Steroide sind ohne Effekt (Saag 2000).

Prophylaxe

Die Exposition kann mal wohl nicht verhindern. Eine Primärprophylaxe wird auch nicht empfohlen, da selbst in Endemiegebieten wie Thailand kein Überlebensvorteil gezeigt wurde (McKinsey 1999, Chariyalertsak 2002).

Die Sekundärprophylaxe bzw. Erhaltungstherapie besteht aus Fluconazol, das deutlich wirksamer als Itraconazol ist. In einer großen, randomisierten Studie betrug die Rezidivrate unter Fluconazol nur 4 % gegenüber 23 % unter Itraconazol (Saag 1999). Fluconazol kann wahrscheinlich, wie einige Studien nahelegen (Aberg 2002, Kirk 2002, Vibhagool 2003, Mussini 2004), bei ausreichender Immunrekonstitution (über 100 CD4-Zellen, Viruslast drei Monate unter der Nachweisgrenze) und nach mindestens sechs Monaten Erhaltungstherapie abgesetzt werden. Zuvor sollte sicherheitshalber das Cryptococcus-Antigen kontrolliert werden (Mussini 2004). Bei positivem Antigen, das insbesondere bei hohen Titern mit einem erhöhten Rezidivrisiko assoziiert ist (Lortholary 2006), wird die Therapie fortgesetzt.

Therapie/Prophylaxe der Kryptokokkose (soweit nicht anders angegeben, Tagesdosierungen), zur Applikation siehe unbedingt auch Medikamententeil

Akuttherapie

Dauer: Immer mindestens sechs Wochen

Therapie der Wahl

Amphotericin B

+ Fluconazol

+ Flucytosin*

Amphotericin B® 1 x 0.5-0.75 mg/kg oder

AmBisome®Ò 1 x 3 mg/kg (Zubereitung via Apotheke) plus

Diflucan® 2 x 1 Inf.-Flasche à 200 mg i.v. oder

Diflucan® oder Fluconazol CT/Stada 2 x 1 Kps. à 200 mg plus

Ancotil® 4 x 1 Inf.-Flasche à 250 ml (2,5 g) i.v.

(= 100-150 mg/kg verteilt auf 4 Einzelgaben)

Erhaltungstherapie

Absetzen ab > 200 CD4-Zellen/µl > 6 Monate mgl.

Therapie der Wahl

Fluconazol

Diflucan® oder Fluconazol CT/Stada 1 x 1-2 Kps. à 200 mg

Alternative

Itraconazol

Sempera® 2 x 2 Kps. à 100 mg

Primär-Prophylaxe

Nicht empfohlen

*Anmerkung: Wir lassen das Flucytosin meist weg. Die tägliche Fluconazoldosis sollte dann 800 mg betragen. Stattdessen fangen wir noch während der Akuttherapie bei den fast immer unbehandelten Patienten mit einer ART an.

Literatur

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