– Christian Hoffmann –

Die Kryptosporidiose ist eine parasitäre, fäkal-oral übertragene Darmerkrankung, die vor allem durch das Protozoen Cryptosporidium parvum (2 Genotypen existieren, Genotyp 1 wird auch als C. hominis bezeichnet) hervorgerufen wird. Es können sowohl immunkompetente als auch immungeschwächte Menschen betroffen sein (Review: Chen 2002). Seit der Erstbeschreibung 1976 zählen Kryptosporidien zu den wichtigsten Durchfallkeimen weltweit. Haupt-Infektionsquellen dieses intrazellulären Parasiten sind Tiere, kontaminiertes Wasser und Nahrungsmittel. Die Inkubationszeit beträgt etwa 10 Tage. Während die Diarrhoen bei HIV-Patienten mit mehr als 200 CD4-Zellen/µl meist nach wenigen Tagen verschwinden, kann die Kryptosporidiose bei massivem Immundefekt (unter 50 CD4-Zellen/µl) durch Wasser- und Elektrolytverluste chronisch werden (Colford 1996). Die chronische – nicht die akute! – Kryptosporidiose ist AIDS-definierend.

Klinik

Die wässrigen Diarrhoen können so stark sein, dass sie über Elektrolytverlust und Exsikkose zum Tode führen. 20 Stuhlentleerungen pro Tag sind nicht selten. Meist bestehen Tenesmen, oft Übelkeit und Erbrechen. Allerdings ist die Variabilität der Symptome groß. Fieber fehlt meistens. Gelegentlich kommt es zu einem Befall der Gallengänge mit erhöhten Gallenenzymen. Auch Pankreatitiden sind möglich.

Diagnostik

Wichtig ist, dass das Labor bei der Versendung der Stuhlproben explizit auf den Verdacht hingewiesen wird. Andernfalls werden Kryptosporidien meist übersehen. Wenn das Labor Erfahrung hat und den richtigen Tip erhält, reicht meist schon eine Stuhlprobe für den Nachweis. Antikörper oder sonstige Diagnostik helfen dagegen nicht weiter. Differentialdiagnostisch kommen alle Durchfallkeime in Frage.

Therapie

Bei gutem Immunstatus sind die Diarrhoen selbstlimitierend; wird ein schlechter Immunstatus durch ART verbessert, führt dies oft zu einer Heilung (Carr 1998, Miao 2000). Zusätzlich sollten Loperamid und/oder Tinctura opii simplex (BTM-Rezept, Maximaldosen „ausreizen“!) gegeben werden. Ist dies nicht erfolgreich, sollten andere Durchfallmittel, eventuell auch Sandostatin®, probiert werden. Auf eine gute Hydratation ist zu achten – gelegentlich sind Infusionen notwendig.

Eine anerkannte, spezifische Therapie existiert nicht (Reviews: Abubakar 2007, Pantenburg 2009). Wir haben gute Erfahrungen mit Nitazoxanid (Cryptaz) gemacht. Dieses Antihelminthikum war in einer kleinen, randomisierten Studie wirksam (Rossignol 2001). Nitazoxanid wurde 2005 in den USA für Kryptosporidien-assoziierte Durchfälle bei Immunkompetenten zugelassen. Für AIDS-Patienten gibt es keine Zulassung, bei HIV-infizierten Kindern mit Kryptosporidien war es in einer doppelblind-randomisierten Studie ohne jede Wirkung (Amadi 2009).

Rifaximin (Xifaxan™, 200 mg) ist ein nicht-resorbierbares Rifampicin-Derivat, das in den USA als Durchfallmittel bereits zugelassen ist. Erste Daten bei AIDS-Patienten sind vielversprechend (Gathe 2008).

Paromomycin (Humatin®), ein nicht-resorbierbares Aminoglykosid-Antibiotikum, hatte in kleinen, unkontrollierten Studien einen günstigen Effekt auf die Diarrhoen (White 2001). In einer doppelblind-randomisierten Studie zeigte sich jedoch kein Vorteil gegenüber Plazebo (Hewitt 2000). Möglicherweise gibt es aber einen gewissen Effekt in Kombination mit Azithromycin (Smith 1998).

Therapie/Prophylaxe der Kryptosporidien /Tagesdosierungen)

Akuttherapie

Symptomatisch

Loperamid +

Opiumtinktur

Imodium® 2 – 6 x 1 Kps. à 2 mg  oder

Imodium Lösung® 2 – 6 x 10 ml und/oder

Tinctura opii simplex 1% = 4 x 5-15 Tropfen

Symptomatisch

Octreotid

Sandostatin Injektionslsg.® 2-3 x 1 Amp à 50 µg s.c. (Dosis nur langsam steigern)

Heilversuch

Nitazoxanid

Cryptaz™ 2 x 1 Tbl. à 500 mg

Heilversuch

Rifaximin

Xifaxan™ 2 x 2 Tbl. à 200 mg

Heilversuch

Paromomycin + Azithromycin

HumatinPulvis®3 x 1 Btl. à 1 g plus Ultreon® 1 x 1 Tbl. à 600 mg

Prophylaxe

Expositionsprophylaxe: Kein Leitungswasser trinken

Prophylaxe

Eine anerkannte Prophylaxe existiert nicht, obwohl in retrospektiven Studien Rifabutin und Clarithromycin protektiv waren (Holmberg 1998). Wichtiger ist, dass Patienten in Ländern mit Hygiene-Problemen kein Leitungswasser trinken. Der Kontakt zu menschlichen und tierischen Fäkalien sollte vermieden werden. Wir haben außerdem die Erfahrung gemacht, dass Patienten vorwiegend im Sommer erkranken, und zwar oft nach einem Bad in Flüssen wie Isar oder Elbe. Kryptosporidien sind gegen die meisten Desinfektionsmittel resistent. Im Krankenhaus reichen jedoch die üblichen Hygienemaßnahmen (Handschuhe) aus. Die Patienten brauchen nicht isoliert zu werden, sollten aber besser nicht mit anderen immunsupprimierten Patienten zusammengelegt werden

Literatur

Abubakar I, Aliyu SH, Arumugam C, Usman NK, Hunter PR. Treatment of cryptosporidiosis in immunocompromised individuals: systematic review and meta-analysis. Br J Clin Pharmacol 2007;63:387-93.

Amadi B, Mwiya M, Musuku J, et al. Effect of nitazoxanide on morbidity and mortality in Zambian children with cryptosporidiosis: a randomised controlled trial. Lancet 2002, 360:1375-1380.

Amadi B, Mwiya M, Sianongo S, et al. High dose prolonged treatment with nitazoxanide is not effective for cryptosporidiosis in HIV positive Zambian children: a randomised controlled trial. BMC Infect Dis 2009, 9:195.

Carr A, Marriott D, Field A, Vasak E, Cooper DA. Treatment of HIV-1 associated microsporidiosis and cryptosporidiosis with combination antiretroviral therapy. Lancet 1998, 351:256-61.

Chen XM, Keithly JS, Paya CV, LaRusso NF. Cryptosporidiosis. N Engl J Med 2002, 346: 1723-31.

Colford JM Jr, Tager IB, Hirozawa AM, et al. Cryptosporidiosis among patients infected with HIV. Factors related to symptomatic infection and survival. Am J Epidemiol 1996, 144:807-16.

Gathe JC Jr, Mayberry C, Clemmons J, Nemecek J. Resolution of severe cryptosporidial diarrhea with rifaximin in patients with AIDS. J AIDS 2008, 48:363-4.

Griffiths JK. Treatment for AIDS-associated cryptosporidiosis. J Infect Dis 1998, 178:915-6.

Hewitt RG, Yiannoutsos CT, Higgs ES, et al. Paromomycin: No more effective than placebo for treatment of cryptosporidiosis in patients with advanced HIV infection. Clin Inf Dis 2000, 31:1084-92.

Holmberg SD, Moorman AC, Von Bargen JC, et al. Possible effectiveness of clarithromycin and rifabutin for cryptosporidiosis chemoprophylaxis in HIV disease. JAMA 1998, 279:384-6.

Miao YM, Awad-El-Kariem FM, Franzen C, et al. Eradication of cryptosporidia and microsporidia following successful antiretroviral therapy. J Acquir Immune Defic Syndr 2000, 25: 124-9.

Pantenburg B, Cabada MM, White AC Jr. Treatment of cryptosporidiosis. Expert Rev Anti Infect Ther 2009, 7:385-91.

Rossignol JF, Ayoub A, Ayers MS. Treatment of diarrhea caused by Cryptosporidium parvum: a prospective randomized, double-blind, placebo-controlled study of Nitazoxanide. J Infect Dis 2001, 184:103-6.

Smith NH, Cron S, Valdez LM, Chappell CL, White AC Jr. Combination drug therapy for cryptosporidiosis in AIDS. J Infect Dis 1998, 178:900-3.

White AC, Cron SG, Chappell CL. Paromomycin in cryptosporidiosis. Clin Inf Dis 2001, 32:1516-7.